2024 Internationaler Frauentag – Die Lücken schließen
Der Monat März ist der Monat mit den meisten Veröffentlichungen über die Lebenssituation von Frauen, national und International. Es wird über Forderungen nach Gleichberechtigung und über Statistiken von Gewalt und Armut berichtet. Am Internationalen Frauentag informieren uns die Medien alljährlich wieder, dass es die Gleichberechtigung von Frauen noch immer nicht gibt.
In diesem Jahr stand in Deutschland die unbezahlte Care-Arbeit von Frauen im Mittelpunkt. „Frauen leisten unbezahlte Sorgearbeit. Der Gender Care Gap – ist ein Indikator für die Gleichstellung. Kindererziehung, Pflege von Angehörigen, Hausarbeit, Ehrenamt: Frauen wenden pro Tag im Durchschnitt 44,3 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer. Dieser Unterschied wird als Gender Care Gap bezeichnet.“ Für mich heißt dass, Frauen leisten täglich doppelt soviel Care-Arbeit in der Familien als Männer. Diese Arbeit ist nicht nur unbezahlt, diese Arbeit geht auch nicht in die offiziellen Zahlen des Bruttoinlandsproduktes ein. Ist unbezahlte Care-Arbeit somit ohne Wert?
Frauen haben im Jahr 2023 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 % weniger verdient als Männer. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, erhielten Frauen mit durchschnittlich 20,84 Euro einen um 4,46 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer (25,30 Euro). Das ist ein monatlicher Gender Pay Gap von ca. 750 Euro und ein jährlicher Gender Pay Gap von knapp 9000 Euro Brutto bei einer 40 Stunden Woche. Im Profisport ist der Gender Pay Gap bessonders hoch.
In Deutschland sind Frauen in allen Altersgruppen stärker armutsgefährdet als Männer. Bei Frauen lag die Armutsgefährdungsquote im Jahr 2022 bei 17,7 Prozent. Dies bedeutet, dass 17,7 Prozent der Frauen in Deutschland von relativer Einkommensarmut betroffen waren. Ist das der Gender Poverty Gap? (Statista 29.03.2024)
Dreimal Lebensbedingungen, die jede Frau an Ihre Belastungsgrenze bringen kann. Dreimal Lebensbedingungen, an denen sich in den letzten Jahren kaum etwas geändert hat.
Es fühlt sich für mich so machtlos und hilflos an, dass für die Hausarbeit Frauen weiterhin zu einem sehr hohen Anteil verantwortlich sind. Dass ungleiche Bezahlung zum Alltag gehört, und dass sich die Zahl der Frauen, die in Armut leben weiter erhöht.
Hier eine kurze Zusammenstellung einiger Forderungen und Slogans vom Internationalen Frauentag 2024:
- „Ohne Feminismus keine Demokratie“ Slogan der Gruppe des Hannoverschen Frauenbündnis.
- „Frauen wählen!“ Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)
- „Faire Rahmenbedingungen und gute Bezahlung, die die eigenständige Existenzsicherung von Frauen als Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben gewährleisten“ verdi-Frauen.
- „Schluss mit dem Fortschritt im Schneckentempo!“ Arbeiterwohlfahrt.
- „Invest Women!“ – betont die Bedeutung der Gleichberechtigung in der Finanzwelt.
Warum sind diese und andere Forderungen für die Gleichberechtigung von Frauen so schwer umzusetzen? Es sind leider immer noch die patriarchalen Strukturen, die für die Unterdrückung von Frauen auch heute verantwortlich sind, und sie verschwinden nur sehr langsam. Beispiele
- Männer/Väter können sich aus der Verantwortung für ihre Kinder ziehen. Der Staat zahlt sogar für diese Männer den Unterhalt.
- Welches Gesetz bevorzugt diese Männer/Väter.
- Aufgrund von Kinder- oder Elternbetreuung arbeitet eine Vielzahl der Frauen über Jahre beruflich in Teilzeit. Dies führt dazu, dass sie im Alter keine auskömmliche Rente haben, trotz der Anrechnungszeiten für Kindererziehung und Pflege von Angehörigen.
- Wer kann für Frauen endlich mal eine auskömmliche Rente aberechnen und zahlen?
- Um die Gleichberechtigung in Gang zu bringen bedurfte es in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl an Gleichstellungsgesetzen.
- Was hindert Firmen, Verwaltungen, Wirtschaft und Wissenschaft daran, freiwillig Frauen und Männer gleich zu bezahlen, gleich viel einzustellen und familienfreundliche Arbeitsstrukturen zu schaffen
Wir leben in einer demokratischen Gesellschaft, in der Männer die Regeln bestimmen können, insbesondere die Regeln, die die Verteilung von Geld organisieren. Geld ist genug da, die Verteilung muss dringend für Frauen und Kinder in unserem Land umorganisiert werden.
Die Sozialisationbedingungen und Erziehungsstile sind vielfach immer noch auf geschlechtsspezifische traditonelle Rollenmuster für Frauen und Männer ausgerichtet. Dies ist beispielsweise erkennbar und spürbar an Aussagen wie diesen:
- „Ich wollte Dir sagen, für eine Frau hast Du das echt gut gemacht“. Ist das ein positives Seminarfeedback?
- „Es ist doch toll, dass dein Mann dich im Haushalt unterstützt“. Warum unterstützt?
- „Ist es nicht schade, dass Sie auf dieser Konferenz keine Frauen treffen, mit denen sie sich über Handtaschen unterhalten können“. Bemerkung an die einzige Frau der Konferenz.
- „Frauen sind längst gleichberechtigt!“ Wo genau bitte?
Als Feministin lese ich seit Jahren Bücher über Feminismus, Gleichberechtigung, Patriarchat, Persönlichkeitsentwicklung, Rechte und Pflichten, Statistiken über Armut von Frauen, Gewalt an Frauen, Gerechtigkeit für Frauen und vieles mehr. Es gibt nur wenige Bücher oder Ratgeber für Männer, die erklären, dass von der Gleichberechtigung für Frauen alle Menschen profitieren! Oder Ratgeber, die Männer dazu auffordern sich dem Feminismus anzuschließen und sich der Unterdrückung von Frauen entgegenzustellen.
Ein aktuelles Buch, dass Frauen und Männer aufrütteln kann, ist von Boris von Heesen, „Was Männer kosten – der hohe Preis des Patriarchats“. Er beschreibt, das es Teil des Systems ist und dieses stabilisiert, in dem „die traditionellen und gewachsenen Verhaltensweisen und Eigenschaften, immer noch den Geschlechtern zugeschrieben werden.
Männer und Jungen gelten als entschieden, tapfer, rational, und durchsetzungsstark. Frauen und Mädchen sind der imaginierte Gegenpol: wankelmütig, sorgend, bescheiden und emotional. Dieses Band ist extrem robust, flexibel, langlebig und nur unter großen Anstrengungen zu durchtrennen.“
Zahlreiche Gleichstellungsgesetze und Aktivitäten haben das Leben von Frauen in den letzten 30 Jahren verbessert. Das ist gut so. Aber wir müssen weiter fordern, uns gegenseitig unterstützen und wo immer wir können, uns an politischen Entscheidungen beteiligen. Ein weiteres Jahr für Frauen bis zum nächsten 08. März liegt vor uns. Meine Forderung für 2024: Lasst uns zusammenhalten, lasst uns stärken, um den Wahnsinn der Frauenunterdrückung und der Gewalt an Frauen zu stoppen.
Was ist Deine Forderung? Schreib sie mir info@gotzmann-coaching.de
Quellenhinweise und Buchempfehlungen
Gender Care Gap – ein Indikator für Gleichberechtigung
Bundesminissterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (29.03.2024)
Gender Pay Gap 2023
Destatis (29.03.2024)
Internationaler Frauentag – Ein Kampftag, kein Feiertag
Tagesschau.de (28.03.2024)
Töten aus Frauenhass und Frauenverachtung muss ein Ende haben!
Welt.de (28.03.2024)
Grundgesetz: Männer & Frauen sind gleichberechtigt
Emma.de (28.03.2024)
Von Heesen, Boris: Was Männer kosten – der hohe Preis des Patriarchats. 2022.
Möhn, Julia u.a.: Team F – Feminismus einfach leben. 12 Impulse für den Alltag 2021.
Zykunov, Alexandra: „wir sind doch alle längst gleichberechtigt“ 25 Bullschitsätze und wie wir sie endlich zerlegen.
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